2013 hat das schweizerische Stimmvolk der Revision des Raumplanungsgesetzes zugestimmt. Im Kanton Zürich lag die Zustimmung bei 71%. Kerninhalt der Revision war die so genannte «qualitätsvolle Siedlungsentwicklung nach innen». Diese Innenentwicklung soll die Zersiedlung der Landschaft stoppen und möchte, dass mehr Menschen an attraktiven Orten mit guter Anbindung an den öffentlichen Verkehr und den Fuss- und Veloverkehr leben. Dübendorf soll so ein Ort sein. Um solche attraktiven Orte zu schaffen, sind Eigentümer und Gemeinden gefordert: Die Eigentümer mit ihren Bauvorhaben – die Stadt mit der Gestaltung des öffentlichen Raumes.
In einem ersten Schritt passen die Gemeinden ihre Bau- und Zonenordnungen an, indem sie Um- und Aufzonungen vornehmen. Damit können Eigentümer mehr bauen als vorher und deren Grundstücke gewinnen, ohne eigene Leistung und ohne eigenes Zutun, deutlich an Wert. Dabei übersteigt die mit den grösseren Bauten erzielbare Rendite die höheren Baukosten deutlich.
Die Eigentümer erhalten mit den Auf- und Umzonungen also ein persönliches Geschenk. Dieses nennt sich Mehrwert. Nehmen sie nun dieses Geschenk an und bauen, so stellt das neue Gesetz sicher, dass auch die Stadt, die dieses Geschenk erst möglich gemacht hat, einen Anteil daran hat. Dies nennt sich Mehrwertabgabe. Die Stadt finanziert dann mit dieser Mehrwertabgabe ganz gezielt Ausgaben zur Aufwertung der öffentlichen Räumen und somit zur Verbesserung der Lebensqualität aller und zwar zweckgebunden genau für diese Aufgabe - eine klassische Win-Win-Situation.
SVP und FDP bekämpfen nun die Höhe der Mehrwertabgabe von 40%, der eine klare Mehrheit des Gemeinderats am 3. Oktober zugestimmt hat. Dies mit dem Argument, 40% sei ein «schamloser Griff ins Portemonnaie» der Grundeigentümer und Liegenschaftenbesitzer. 25% würden genügen.
Leider ignorieren beide Parteien damit die bereits erwähnten, demokratisch legitimierten Fakten der neuen Raumplanung. Sie wollen zwar Auf- und Umzonungen - dagegen werden sie sich trotz von einer Seite beklagter Zuwanderung nie und nimmer wehren - denn das schafft ja Gewinne für Private. Dann aber möchten sie die Geschenke an die Eigentümer maximieren und die entstehenden Kosten auf die Allgemeinheit aller Steuerzahlenden abwälzen. Das ist absolut schamlos.
Die Mehrwertabgabe, ein weiterer Denkfehler der beiden Parteien, ist nämlich zweckgebunden und keine Steuer. Steuern werden auf wirtschaftlich erbrachte Leistungen erhoben. Land zu besitzen, das aufgrund einer rechtlichen Änderung ohne eigenes Zutun mehr wert wird, ist keine wirtschaftliche Leistung. Gerade SVP und FDP, die für weniger staatliche Leistungen und mehr Eigenverantwortung sind, verschenken hier grosszügig durch staatliches Handeln entstandene Gewinne.
Bestenfalls unredlich ist es, den Vorschlag von 25% als Kompromiss zu bezeichnen. Vom Wunsch nach einem Kompromiss war nie die Rede. Es wurden auch keine Versuche unternommen, einen solchen mit den anderen Parteien auszuhandeln. Im Gegenteil drohten sie erst mit dem allerletzten Votum im Gemeinderat mit dem Referendum. Dies im Wissen darum, dass zu so einem späten Zeitpunkt niemand mehr eine Chance dazu hatte, einen Kompromiss einzubringen. Offensichtlich geht es beiden Parteien nur um eine Profilierungsübung und nicht um die Sache. Dies entspricht definitiv nicht unseren demokratischen Gepflogenheiten.
Es sollte ein Anliegen aller sein, mit einer Mehrwertabgabe Massnahmen für mehr Lebensqualität finanzieren zu können, statt nur einzelnen Eigentümern etwas zu schenken. Es ist kein «linkes» Anliegen, sondern schlicht eine Notwendigkeit.
Nicole Zweifel, Gemeinderätin Stadt Dübendorf, Grünliberale